Bericht von der Kadeba-Partnerschafts-Begegnungsreise nach Uganda
vom 26. Januar bis 6.2.2024
Zur Fotogalerie
Wie alles anfing
Freundschaftliche Beziehungen zwischen Einwohnern der Insel Norderney mit Menschen aus dem Süden des Sudan bestehen seit Dezember 1986. Damals wurde unter der Initiative von Ministerpräsident Albrecht der Sudan Partnerland von Niedersachsen Von daher lag es nahe, dass auch kirchliche Kreise ihre Aufmerksamkeit auf das Land lenkten. Ich war zu der Zeit Pastor in der Kirchengemeinde Norderney.
Nach Besuchen und Gegenbesuchen von kirchlich engagierten Frauengruppen aus dem Sudan- Council of Churches (SCC) mit Ostfriesland, an der auch Norderneyerinnen teilnahmen, entstanden enge Beziehungen zwischen den beiden Gruppen, die von Norderney und Ostfriesland ausstrahlten. Ich bewarb mich nicht zuletzt wegen dieser Kontakte auf die Ausschreibung der EKD auf die Pfarrstelle der Deutschen Evangelischen Gemeinde (DEG) in Kairo, zu der damals ganz Ägypten und auch der Sudan als Pastorationsgebiet gehörte. Zu den Aufgaben, die wir als Ehepaar von 1990 bis 1996 dort annahmen, gehörte neben der Betreuung deutschsprachiger Familien die Kontaktpflege zum „women desk“ des SCC. Als nach unserer Rückkehr nach Deutschland in die Kirchengemeinde in Aurich/Sandhorst Superintendent Manzke die Frage nach einer Partnerschaft im Kirchenkreis aufwarf, lag es nahe, die Anglikanische Gemeinde in Khartoum, der Hauptstadt des Sudan, dafür zu gewinnen. In dieser Kirche hatten wir zuvor viele Gottesdienste mit Menschen verschiedener Ethnien aus dem Süden des damals noch vereinten Landes mitgefeiert. Es entwickelte sich eine herzliche Verbindung zwischen Vertreter*innen des Kirchenkreises Aurich und der All Saints Cathedral (ASC), dessen Provost Sylvester Thomas Kambaya war. Auf dessen Bitte lebten und arbeiteten meine Frau und ich zu Beginn meines Ruhestandes drei Monate lang Anfang 2008 in und mit der Gemeinde in Khartoum.
Politisch war es gerade die Zeit nach dem jahrzehntelangen Krieg des arabischen Nordens gegen den schwarzafrikanischen Süden, dessen Hauptursache Funde von Erdöl im Süden war. Provost Sylvester, der selbst der südsudanesischen Ethnie der Moro angehört, wollte meiner Frau und mir gerne seine Heimat im Süden des Landes, den Ort Kadeba zeigen.
Ein nächster Schritt
Obwohl wir schon Flüchtlingslager in und um Khartoum gesehen hatten und mit viel Elend konfrontiert waren, war der Besuch in Kadeba eine Steigerung; denn es gab dort nichts von dem, was ein vom westlichen Lebensstil geprägtes Leben ausmacht. Sämtliche (ohnehin dürftige) Infrastruktur war zerstört – einschließlich Gesundheitswesen und Schulen. Zerschossene Panzer und große verminte Gebiete waren stille Zeugen der schrecklichen Vergangenheit. Spontan beschlossen meine Frau und ich, zukünftig die Aufmerksamkeit auf diese Region zu lenken.
Durch eine glückliche Fügung besteht bis heute (im erneut ausgebrochenen Bürgerkrieg!) die Partnerschaft zwischen dem Kirchenkreis Aurich und der All Saints Cathedral in Khartoum.
Nachdem ich als Pastor i.R. zusammen mit meiner Frau nach 17 Jahren nach Norderney zurückkehrte, begannen wir im Freundeskreis auf dem Festland und der Insel für notwendige Projekte für den Süd-Sudan zu werben.
Politisch hatte sich inzwischen die Bevölkerung des Süd-Sudan für einen eigenen Staat entschieden – und alle Süd-Sudanes*innen mussten den Norden des Landes verlassen, so auch unser Partner, Provost Sylvester. Als Pensionär erhält er keinerlei Rentenbezüge; ein kleines Stück Land zum Anbau von Gemüse steht ihm zur Verfügung. Aber im Alter und bei gesundheitlichen Beschwerden ist dies nur bedingt hilfreich.
Ein großer Wunsch, der uns von den Verantwortlichen in Kadeba bei unserem Besuch dort im Winter 2008 angetragen wurde, war der Bau eines Geburtshaus; etliche Frauen waren in der Vergangenheit wegen fehlender Infrastruktur auf der Straße verblutet – so berichteten uns die Verantwortlichen in Kadeba mit großer Betroffenheit.
Mit Hilfe von Freundinnen und Freunden und der Restfinanzierung durch UNICEF wurde diese Bitte 2011 erfüllt und ein Geburtshaus erstellt; zur offiziellen Einweihung waren außer meiner Frau und mir Verena Leidig von Norderney zugegen. Seitdem sind dort mehrere hundert Kinder gesund zur Welt gekommen.
Gründung vom „Freundeskreis Kadeba“
Die äußerst schwierige Lebenslage in Kadeba erforderte ein größeres Engagement. Das führte im September 2013 zur Bildung vom „Freundeskreis Kadeba“ unter dem Dach der Ev.-luth. Kirchengemeinde Norderney.
Im Zusammenhang mit Sudantagungen in Hermannsburg konnten 2014 und 2015 Provost Sylvester und sein Bruder Ambrose Norderney besuchen und die Insel, die Menschen und die Kirchengemeinde näher kennenlernen. Im Juni 2014 wurden beide von Bürgermeister Ulrichs gebeten, sich in das Goldene Buch der Stadt Norderney einzutragen. Die Begegnungen führten zu engerem Kontakt innerhalb und außerhalb der Kirchengemeinde.
Ein Plan, mit einer kleinen Gruppe Kadeba zu besuchen, wurde durch den Ausbruch des Bürgerkrieges (Dez. 2013 – 2018) zunichte gemacht. Die Folgen dieses Krieges waren: Vertreibung, Gewalt, Tod, Vergewaltigung, Zerstörung, Brandschatzungen, Hunger… .
Und auch der Klimawandel wurde gleichzeitig spürbar durch extreme Trockenheit bzw. größte Überschwemmungen, die jeweils Saat und Ernten zerstörten. Der Freundeskreis hat auf die jeweiligen Nöte reagiert und durch Finanzhilfe aus Spenden die Hoffnung der Menschen genährt.
Da der letzte persönliche Kontakt 2015 auf Norderney stattfand und ein direkter Besuch in Kadeba aus Sicherheitsgründen nicht möglich war, fasste der Vorstand vom Freundeskreis Kadeba den Entschluss, ein Treffen im Nachbarland Uganda zu planen. Die Freund*innen vom EPF stimmten gerne zu. Zwischen den Hauptstädten Juba und Kampala besteht eine regelmäßige Busverbindung, die die Freund*innen nutzen konnten. Zusätzlich ergab sich die Möglichkeit, ein weiteres Projekt zu besuchen, in dem seit Jahren geflüchtete Kinder und Jugendliche aus dem Süd-Sudan gefördert werden. Unser Norderneyer Weltladen und das Handarbeitsteam der Gemeinde unterstützen seit mehreren Jahren Flüchtlingskinder aus dem Süd-Sudan, die in einem riesigen Camp in Kiryandongo leben, mit Schulgeld und einem Kindergarten.
Unsere aktuelle Begegnungen im Januar-Februar 2024
Unglücklicherweise hatte die Gewerkschaft der Lockführer am Tag vor der Abreise (25.01.24) ihren mehrtägigen Bahnstreik begonnen. Unser im Flugschein enthaltenes Bahnticket für die Fahrt nach Frankfurt wurde obsolet, und wir sahen uns gezwungen, ein Taxi für 950.-€ zusätzlich zu mieten – für 6 Personen mit 12 Koffern. Wir hatten je einen zusätzlichen Koffer mit Kleidung, Hygiene- und medizinischen Artikeln dabei, den unsere Partnerinnen und Partner mit in den Süd-Sudan mitnehmen konnten. Eine uns bekannte Reiseagentur in Uganda war bereit, die Logistik zu übernehmen und sorgte in Uganda für einen reibungslosen Verlauf.
Nachdem wir zu 6 Personen (3 weiblich, 3 männlich) von Norderney aus insgesamt ca 30 Stunden bis Entebbe in Uganda unterwegs waren, trafen wir nach der ersten Übernachtung unsere langjährige Freundin Elizabeth Arek in unserem (einfachen) Hotel zum gemeinsamen Frühstück. Sie lebt inzwischen als Geflüchtete in Uganda – nach doppelter Vertreibung. Zunächst war sie nach dem Volksentscheid im Sudan gezwungen, Khartoum zu verlassen und, nachdem sie in ihrer erdölreichen Heimatstadt Malakal im Süd-Sudan Fuß gefasst hatte, brach dort der Bürgerkrieg aus; sämtliches Hab und Gut wurde geraubt oder zerstört. Durch trotzdem glückliche Umstände wurde ihr Leben bewahrt. Für meine Frau und mich ist Elizabeth Arek eine langjährige Freundin, unsere „schwarze Schwester“. Meine Frau lernte sie bei ihrem ersten Besuch 1986 kennen; als Teilnehmerin des Gegenbesuchs ein Jahr später war sie für drei Wochen zu Gast in unserem Haus auf Norderney. Ihre Schilderungen über ihr bewegtes Leben waren für mich eine erste Begegnung mit der süd-sudanesischen Wirklichkeit.
Am Nachmittag trafen unsere sechs Partner*innen aus Kadeba ein. Nach herzlicher Begrüßung kamen wir zur ersten Begegnung unter dem Bibelwort: 1.Sam.17, 18 „Sieh nach deinen Brüdern, ob es ihnen gut geht“ zusammen (Losungswort für den 30.01.24). Auch am folgenden Tag stand der Gedanken- und Erfahrungsaustausch im Mittelpunkt. Trotz der schwierigen Lebenssituationen kam bei allen Schilderungen der Freund*innen das tiefe Gottvertrauen und die Kraft, die ihnen der Glaube schenkt, zum Ausdruck. Immer wieder wurde die politische Unsicherheit thematisiert und das große Misstrauen der gesamten Bevölkerung gegenüber der Regierung. Die meisten Menschen würden stattdessen großes Vertrauen der Kirche und ihren Vertretern entgegenbringen.
Sie berichteten weiter, dass sich nach dem Bau des Geburtshauses in und um Kadeba ein Zusammenschluss engagierter Personen aus Gesellschaft, Entwicklung und Kirchen bildete – die Initiative „Education and Peace Foundation“ – EPF, eine vom Staat anerkannte Nicht-Regierungs-Organisation (NGO).
Planungen, Ideen für die Zukunft
Trauma-healing-Training
Sylvester, unser langjähriger Partner und Mit- Initiator vom EPF, bringt sich in der Arbeit u.a. als erfolgreicher Trauma -Therapeut ein. Er berichtete von „Trauma-healing-Seminaren“, in denen sich u.a. Soldaten verfeindeter Ethnien mit Tränen in den Augen die Hände reichten. Er sagte: „Tränen müssen fließen; die Betroffenen müssen ganz zurück zu sich selbst, um dann neu auf andere zugehen zu können“.
Die Auswirkungen der jahrzehntelangen Kriege in der Region sind sehr spürbar und nach der erfolgreichen Durchführung einiger Seminare (vom Freundeskreis Kadeba, BROT FÜR DIE WELT und der EKD finanziert), ist die Nachfrage nach weiteren Angeboten sehr hoch.
Diese Arbeit sollte von uns dringend weiterhin gefördert werden, war die Bitte aus Kadeba.
Hebammen am Geburtshaus
Während des Bürgerkriegs war das Geburtshaus teilweise ausgeplündert und auch zerstört worden. ÄRZTE-OHNE-GRENZEN war nun die Organisation, die eine funktionsfähige Wiederherstellung durchführte. Von daher besteht der Wunsch vom EPF, das Geburtshaus nun mit einer gut ausgebildeten Hebamme auszustatten. Auch jetzt werden dort Kinder geboren, die jetzt dort arbeitenden Hebammen haben aber leider nur einen geringen Bildungsabschluss und sind Angestellte der Regierung. Da bekannt ist, dass die Regierung nur sehr geringe Gehälter zahlt, ist die Fluktuation der Hebammen in eine besser bezahlte Einrichtung groß. Der EPF möchte deshalb gerne eine gut ausgebildete Hebamme für die Arbeit im Geburtshaus und (für Weiterbildung der Mitarbeitenden) auch in dem sich daneben befindlichen Krankenhaus mit besserem Gehalt für einen längeren Zeitraum anstellen. Somit wäre nicht die Regierung, sondern EPF Anstellungsträger.
Stärkung der Frauenaktivitäten
Eunice aus Kadeba liegt die Arbeit mit und für Frauen in der Region besonders am Herzen: viele Frauen sind durch die Jahre der Bürgerkriege Analphabetinnen und sehr früh Mütter geworden. Sie möchte mithilfe vom EPF-Zusammenschlüsse von Frauen und Hilfe zur Selbsthilfe (unter anderem mit Bereitstellung von Kleinstkrediten) fördern. Zum Beispiel könnte durch die finanzielle Unterstützung eine Frau einen kleinen Teeladen aufmachen, eine andere durch Gemüseanbau oder Handarbeiten zur finanziellen Unterstützung des Haushaltes oder z. B. für das Schulgeld der Kinder beitragen.
Schulbau mit „food for work”
Als weiteres größeres Projekt wünscht man sich sehr, dass wir den Bau der weiterführenden Mädchenschule finanziell unterstützen. Bereits vor dem Bürgerkrieg hatten BROT FÜR DIE WELT und BINGO Niedersachsen finanzielle Hilfe hierfür zugesagt. Der Bürgerkrieg machte diese Pläne zunichte bzw. die Hälfte des Geldes von BROT FÜR DIE WELT konnte für Trauma-Seminare umgewidmet werden. BINGO hat einer Umwidmung der noch nicht ausgezahlten Restsumme leider nicht zugestimmt. In Kadeba gibt es bisher nur Grundschulen; begabte Mädchen, die mehr lernen wollen, brauchen in dem circa 30 km entfernten Nachbarort Lui eine Unterkunft, Verpflegung, etc. Derart auf sich allein gestellt, kommt es nicht selten vor, dass diese Mädchen schwanger nach Hause zurückkehren. Offiziell ist somit ihre schulische Karriere beendet – sie sind jetzt Mütter! Um diese Mädchen – und die in sie investierte Schulbildung – nicht zu verlieren, wird diese Mädchenschule gebaut. Anstelle, der bisher versprochenen solideren Schulbauplanung findet jetzt der Schulbau auf einem anderen Niveau statt: ein „FOOD-FOR-WORK“- Programm wurde gestartet: Lehmziegel werden geformt und gebrannt, das Haus auf traditionelle Weise mit Stroh oder Blech gedeckt. Die Arbeitenden bekommen als Bezahlung Naturalien für sich und ihre Familien. Somit scheint dies ein WIN-WIN-Projekt zu sein. Diese Schule soll eine Art Berufsschule für die jungen Mädchen und Mütter werden – mit gleichzeitiger Kinderbetreuung.
Seit einigen Monaten – so berichteten die Freund*innen – ist es relativ ruhig im Land gewesen, so dass man derzeit recht gefahrlos zB von Juba nach Kadeba fahren konnte. Aber in allen Gesprächen erfuhren wir dann doch von großer Unsicherheit und Angst, dass im Herbst anlässlich der angekündigten Neuwahlen der augenblickliche Waffenstillstand beendet und der Krieg wieder aufflammen könnte! Konkret erlebten wir Ängste, als in der Nähe des Hotels anlässlich einer Hochzeit ein Feuerwerk gestartet wurde. Die Geräusche des Feuerwerks wirken als Trigger und weckten schlimme Erinnerungen.
Die Lebenswirklichkeit der Menschen vor Ort ist uns vom Freundeskreis Kadeba u.a. durch die Schilderung ihrer Anliegen deutlich nähergekommen, und wir verständigten uns, diese genannten Ziele nach Kräften zu unterstützen. Dabei war uns wichtig, zu betonen, dass beim EPF die Entscheidung für die Prioritätensetzung und Aufteilung der von uns zur Verfügung gestellten Mittel liegt. Wir wünschen uns nur Berichte von Geschehenem.
Wichtiges Besichtigungsprogramm und positives feed-back
Um nicht nur in Problemen zu „versinken“, hatten wir an einem Tag mit unserer Reiseagentur eine Stadtrundfahrt für alle geplant. Wir besuchten die ältesten Kirchen in Kampala und besichtigten zwei Gedenkorte für ugandische Märtyrer. Inzwischen ist Uganda ein vorwiegend christliches Land mit großen muslimischen Anteilen. Nachdem zusammen mit den Forschern, die nach der Quelle des Nil suchten, und den Engländern als Kolonialmacht auch Missionare ins heutige Uganda kamen, gab es ein großes Missverständnis, das zum Märtyrer -Tod vieler ersten Christ*innen im Land führte: die Bitte aus dem Vaterunser „dein Reich komme“, machte den damals herrschenden König misstrauisch. Bevor ein anderer Herrscher käme und sein Reich errichtete, ließ er dessen Anhänger alle auf bestialische Weise umbringen.
Beim Besuch des Nationalmuseums erfuhren wir einiges über die frühe Geschichte der Region, einschließlich der Funde früher Menschenaffen im afrikanischen Grabenbruch. Afrika – Wiege der Menschheit! Der Besuch in einem Restaurant unter grünen Bäumen rundete das Besichtigungsprogramm ab.
Beim gemeinsamen Feedback wurde deutlich, für wie wichtig und wertgeschätzt unsere süd-sudanesischen Partner*innen dieses Treffen erachteten. Obwohl sie uns gerne bei sich gehabt hätten, wäre dieser gesamte Rahmen mit persönlicher Begegnung wunderbar gewesen. Sie bedankten sich für alles sehr herzlich.
Diejenigen von uns, die Kadeba schon einmal besucht hatten, stellten fest, dass wir eher eine Seminar-Atmosphäre – bedingt durch das Treffen im Hotel – hatten. Da es aber aus politischen Gründen die einzige Möglichkeit zur Begegnung war, zogen alle ein sehr positives Fazit. Der Wunsch zu einem Besuch an Ort und Stelle in hoffentlich naher Friedenszeit wurde deutlich geäußert. Herzlich wurden wir zum Besuch in Kadeba eingeladen. Die Dankbarkeit für unsere 10-jährige Partnerschaft wurde sehr deutlich zum Ausdruck gebracht. Als sichtbares Zeichen überreichten sie jeder/m von uns eine umfangreiche Dokumentation unserer 10-jährigen gemeinsamen Geschichte.
Ein weiterer Begegnungsschwerpunkt
Kindergarten
Unser nächstes Ziel, das ebenfalls Menschen aus dem Süd-Sudan betraf, war das große Flüchtlingslager über 200 km nördlich von Kampala, in Kiryandongo. Hier ist seit einigen Jahren die von der ugandischen Regierung anerkannte kleine Hilfsorganisation der Familie von Elizabeth Arek (wir trafen Elizabeth bereits am Sonntag in Kampala zum Frühstück im Hotel) „Help yourself society“ (HYS) aktiv. Der mit der Kirchengemeinde verbundene Norderneyer Weltladen und auch das Handarbeitsteam der Gemeinde unterstützen diese Arbeit seit den Anfängen.
Hier hatten wir nun die Möglichkeit, in afrikanische Wirklichkeit einzutauchen. Wir besuchten einen Kindergarten, der mit über 40 Kindern in einem kleinen Raum (!) überquoll. Der Bedarf an dieser Einrichtung ist sehr hoch; vor Ort finanzierten wir spontan mit 200.-€ ein aufstellbares Dach für Schatten und Platz für Spiel und Beschäftigung im Freien. Mit unserer Unterstützung des Weltladens kann der Kindergarten an drei Tagen in der Woche öffnen. Kompetente Mitarbeiterinnen freuten sich über die sinnvolle Aufgabe und unser Engagement. Neben sozialem Lernen lernen die Kinder Zahlen, englische Wörter, singen, spielen und erhalten eine gesunde Mahlzeit. Als einige Kindergartenkinder uns sahen, fingen sie an zu weinen. Wir waren die ersten Menschen mit weißer Haut und wirkten zunächst offensichtlich auf die Kleinen wie Gespenster!
Begegnung und Gespräche mit den Mitarbeiterinnen führten uns den erbärmlichen Alltag im großen Flüchtlingslager vor Augen. Eine von ihnen lebt mit ihren Kindern seit 10 Jahren hier. Dennoch sei das Leben hier besser als in der Heimat im Süd-Sudan!
Schule ist besser als Ferien
Leider war unser Besuch in den ugandischen Halbjahresferien; daher erlebten wir die Schule nicht im normalen Alltag. Durch die Ankündigung unseres Besuchs im Flüchtlingscamp konnten wir eine vollbesetzte Klasse besuchen; die Kinder kamen, weil Besuch von weither angekündigt wurde….
Wir erlebten einen übervollen Klassenraum mit 80-100 Mädchen und Jungen verschiedenen Alters. Dies ist die normale Klassengröße. Da selbst diese Schule nicht kostenlos ist, kommen die Schüler*innen nur nach finanziellen Möglichkeiten der Eltern dorthin. Sobald wieder Geld zur Verfügung steht, darf die Schule wieder besucht werden. Daher ist es hier ganz normal, dass kleinere und größere Kinder bzw Jugendliche gemeinsam in derselben Klasse die Schulbank drücken. Auf unsere Frage, was ihnen denn besser gefiel Ferien oder Schule, kam ganz klar die eindeutige Antwort: Schule!
Mariana aus der Familie von Elizabeth Arek hat regelmäßige und gute Kontakte zum Flüchtlingscamp. Sie ist dafür zuständig, besonders Bedürftige ausfindig zu machen. Besonders die Mädchen liegen dem Team des Weltladens und Handarbeitsteams am Herzen. Wir hoffen, auch in Zukunft ca. 50 Kinder auf diese Weise fördern zu können.
Weitsichtige und selbstbewußte Eltern
Nach einer Übernachtung in einem nahen Hotel hatten wir am nächsten Tag die Möglichkeit, Eltern der Kinder des Kindergartens zu treffen. Zu unserer Überraschung waren im Freien Stühle unter einem großen, angemieteten Schattenspender aufgestellt und viele Mütter und einige Väter erwarteten uns. Die Leiterin des Kindergartens fungierte als Moderatorin und Übersetzerin von Stammessprachen und Arabisch ins Englische. Selbstbewusste Frauen in ihrer Sonntagskleidung legten uns die Wünsche zur Vergrößerung des Kindergartens und Ausweitung des Angebotes ans Herz. Deutlich wurde ihre Freude und Dankbarkeit über unseren Besuch – ein Zeichen der Wertschätzung und dafür, dass sie nicht von aller Welt verlassen sind. Wir versprachen ihnen, sie und ihre Kinder nicht zu vergessen und erklärten, wie die Unterstützung vom Weltladen zustande kommt. Daraufhin wünschten sie uns einen Ansturm der Käuferinnen und Käufer.
Angelina, die Kindergartenleiterin hatte eine Überraschung vorbereitet: schon zum Sonnenaufgang hatte sie begonnen, ein in heißem Fett gebackenes Hefegebäck zu erstellen. Sie hatte sehr reichlich gearbeitet, es war genug für Kleine und Große da – und strahlende Augen waren der Dank für die besondere Leckerei.
Nachdenklich, aber mit dankbaren und erfüllten Herzen verließen wir das Flüchtlingscamp. Unsere Probleme und Sorgen in Deutschland erscheinen in einem anderen Licht!
Runterkommen, feed-back und Rückkehr
Zum „Runterkommen“ und Sortieren der verschiedenen Eindrücke haben wir am Ende der Reise einen Abstecher mit Übernachtungen in einem einfachen Camp im National Park „Murchinson Falls“ gemacht. Während einer Schifffahrt auf dem Weißen Nil und Tour beim Sonnenaufgang sahen wir Afrika, wie Touristen es sich vorstellen: Giraffen, Wasserbüffel, Affen, Elefanten, Krokodile und Nilpferde in ihrer geschützten Umgebung.
Die verschiedenen Begegnungen und Eindrücke in diesen zwölf abwechslungsreichen Tagen sind für uns sechs Norderneyer*innen ein kostbarer Schatz geworden. Wir freuen uns sehr, wenn wir davon berichten können und hoffen, dass etwas von den Funken, die wir in uns spüren, auf andere überspringt!
(Christel und Guenter Selbach)
Teilnehmende der Partnerschafts-Begegnungsreise
Vom EPF, Süd-Sudan:
Sylvester Thomas Kambaya, ehem.Provost der All Saints cathedral, Khartoum
Ambrose Kambaya, Bruder von Sylvester und sein „Sekretär“, da Sylvester mit zunehmender Retina- Ablösung weiter erblindet und Ambrose alle Kommunikation durchführt
Mariata Mangulo Salim, engagiert in Frauenarbeit, Finanzwesen vom EPF
Eunice Eluzai Moni, engagiert in Frauenarbeit, koordinierung
Geoffrey Kajinwa John, Pastor einer Pfingstgemeinde
William Jabi Ngalamu, Parlamentsmitglied
Vom Freundeskreis Kadeba:
Stephan Bernhardt, Pastor der Kgm Norderney, Mitglied im Freundeskreis, KV-Vorsitzender
Ilo Lahme, Vorstands-Mitglied Freundeskreis; Mitarbeiterin im Weltladen
Verena Leidig, freie Journalistin, Vorstands-Mitglied Freundeskreis; Mitarbeiterin im Weltladen
Christel Selbach Diakonin iR; Vorstands-Mitglied Freundeskreis; Mitarbeiterin im Weltladen
Guenter Selbach Pastor iR; Vorstands-Mitglied Freundeskreis; Mitarbeiter im Weltladen
Axel Stange Polizeibeamter iR; Mitglied im Freundeskreis; KV-Mitglied